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Dr. Detlev Lipphard ist Referatsleiter Straßenverkehrstechnik beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Im Interview verrät er, welchen Einfluss hochwertige Verkehrstechnik auf die Sicherheit im Straßenverkehr hat und wie auch Autofahrer dazu beitragen können.

Herr Dr. Lipphard,  die Zahl der Verkehrstoten hat in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen. Sind Autofahrer heutzutage vorsichtiger unterwegs oder hat dieser erfreuliche Rückgang andere Gründe?

Dr. Detlev Lipphard: Andere Gründe sind entscheidend. Erstens werden die Fahrzeuge immer sicherer, zweitens sind die Sicherheitsstandards der Straßen stark verbessert worden, auch wenn hier weiterhin noch vieles zu tun bleibt. Drittens hat die Überwachung der Geschwindigkeiten etwa an Unfallbrennpunkten einen großen Anteil an dieser positiven Entwicklung. Allerdings trifft dieser Trend für die Zahl der Verletzten nicht in gleichem Maße zu. Der Anteil der verunglückten Radfahrer und Fußgänger ist in den letzten Jahren nämlich angestiegen.

Inwiefern tragen hochwertige Verkehrstechnik und Verkehrseinrichtungen wie z.B. moderne Stahlschutzplankensysteme dazu bei, das Autofahren sicherer zu gestalten?

Dr. Detlev Lipphard: Sie haben einen großen Einfluss auf die Verkehrssicherheit. Schutzplanken verhindern zum Beispiel Baumunfälle, da sie den Straßenrand begrenzen und die Unfallschwere beim Aufprall mindern. Zwar erhöht sich die Gefahr einer schweren Kollision mit dem Gegenverkehr. Aber insgesamt ist die Bilanz eindeutig positiv: Das Risiko eines tödlichen Unfalls bei einem Aufprall auf einen nicht geschützten Baum ist rund 2,6 mal höher als bei einem Anprall auf eine Schutzplanke.

Oftmals wird angenommen, dass die schwersten Unfälle auf Autobahnen passieren. Tatsächlich kommen jedoch knapp zwei Drittel aller Unfallopfer im Verkehr auf Landstraßen ums Leben. Woran liegt das?

Dr. Detlev Lipphard: Das Überholen auf Autobahnen ist in der Regel weitgehend sicher. Auf den allermeisten Landstraßen ist die Situation wegen des Gegenverkehrs viel gefährlicher. Um mit einem vertretbaren Risiko überholen zu können, ist eigentlich eine sogenannte Überholsichtweite von etwa 600 Metern notwendig. In der Praxis wird dieser Sicherheitsbereich vor allem wegen des hohen Verkehrsaufkommens und vielfacher Ungeduld sehr häufig unterschritten. Außerdem haben Unfälle, bei denen Fahrer von der Strecke abkommen sowie Vorfahrtsunfälle an Kreuzungen und Einmündungen hohe Anteile. Das subjektive Sicherheitsempfinden vieler Autofahrer ist von der Realität häufig weit entfernt. Deshalb empfiehlt der DVR in einem aktuellen Vorstandsbeschluss für alle schmalen Landstraßen bis 6 Meter Breite ein Regeltempo von 80 statt 100 km/h.

Wie können Landstraßen sicherer für Autofahrer gestaltet werden? 

Dr. Detlev Lipphard: Dort, wo sich schwere Unfälle durch Abkommen von der Strecke häufen, sollten Schutzplanken installiert werden. In Kurven sollten diese zusätzlich mit einem sogenannten Unterfahrschutz versehen werden. So können Motorräder nicht darunter rutschen. Kreuzungen und Einmündungen sollten vermehrt über separate Linksabbiegespuren verfügen, Verkehrsampeln eine eigene Grünphase für Linksabbieger haben. Auch der Umbau einer Kreuzung in einen Kreisverkehr kann empfehlenswert sein, weil dann aus allen Richtungen mit mäßiger Geschwindigkeit auf den Kreisel zugefahren wird.

Und was können Autofahrer selbst tun, um die eigene Sicherheit und die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer zu schützen?

Dr. Detlev Lipphard: Der DVR führt mit Mitteln des Bundes seit vielen Jahren seine erfolgreiche Kampagne „Runter vom Gas“ durch, die eine Vielzahl von Verhaltenstipps gibt. Dazu gehört zum Beispiel die Beachtung der zulässigen Geschwindigkeit, die Einhaltung des Sicherheitsabstandes und das Vermeiden von Ablenkungen etwa durch Smartphones. Leider sind viel zu viele Verkehrsteilnehmer mit einem gedankenlosen Fahrstil unterwegs. Sie machen sich nicht bewusst, wie sehr sie sich und andere gefährden und wie schnell daraus ein Unfall resultieren kann.